Komm mit in den Park!

Ein neues Museum zum Zweiten Weltkrieg wirbt um Besucher

Im Elsaß, unweit von Straßbourg, gibt es seit März 2017 den MM Park France. Das private Museum liegt etwas außerhalb des Ortes La Wantzenau in einem Gewerbegebiet. Der Neubau ist sachlich-nüchtern und funktional gehalten und legt auf Äußerlichkeiten keinen Wert. Davor stehende Accessoires wie Panzerwracks, ein Geschütz, ein Ein-Mann-Bunker und ein von außen sichtbares Bassin für eine Barkasse der Kriegsmarine zeigen jedoch an, dass es sich bei dem schmucklosen Gebäude nicht um eine der umstehenden Gewerbeimmobilien handelt. Als wir kommen, ist der Gründer selbst vor Ort, Eric Kaufmann, in den Vierzigern und erfolgreicher Geschäftsmann in der Computerbranche. Sein Faible, Sachzeugen des Zweiten Weltkrieges, lässt ihn nicht mehr los seit er 14 Jahre alt ist. Das Museum nun ist so etwas wie sein opus magnum. Leidenschaftlich sammeln; das machen viele. Doch den Kraftakt, öffentlich zugängliche Ausstellungsräume zu schaffen, bringen nur wenige zustande. Kaufmanns Haus hält sage und schreibe 7000 qm2 Fläche für die Besucher bereit – allesamt gut gefüllt mit Fahrzeugen, Waffen und Uniformen der im Zweiten Weltkrieg kämpfenden Nationen. Es gibt ein Kino mit rotem Plüsch, Veranstaltungsräume zum Anmieten, schmucke Toiletten, einen Museumsshop. Einer der Schwerpunkte bei den Exponaten liegt sichtbar auf deutschem Material. Wer das Werden und Vergehen von Museen dieser Art weltweit etwas verfolgt, dem fällt auf, dass der Hausherr engagiert und mit großem finanziellen Einsatz etliche Sammlungen und Ausstellungen beerbt hat, die in den letzten Jahren das zeitliche gesegnet haben. Das führte erfreulicherweise so manches seltene Stück von den USA zurück nach Zentral-Europa und macht es uns dadurch leichter, dergleichen in natura zu sehen.

Eine der größten privaten Sammlungen Europas

Wer hier eine große, durchkonstruierte Erzählung des Zweiten Weltkrieges sucht, der wird sie nicht finden. Wer dagegen vor allem viel Kriegsmaterial, darunter recht seltenes, sehen möchte, der wird nicht enttäuscht. Vorkenntnisse erleichtern das Zu- und Einordnen in den Kontext des Krieges ungemein. Ohne solche oder ein Grundinteresse könnte es etwas schwierig werden, die Fülle zu würdigen. Beschriftungen der Exponatgruppen beschränken sich oft auf ein einziges Wort. Handfeuerwaffen lassen sich so lediglich nach den Ländern trennen und das ist es dann auch schon. Dabei ist nicht nur jedes Gewehr ein kleines Universum. Wer das noch nicht kennt und kennen lernen will, der müsste sich nach dem Besuch daheim selbst belesen. Da oftmals jeglicher Hinweis auf die Bezeichnung fehlt, ist die Nachschau schwer bis unmöglich. Besonders bei den umfangreichen Uniformsammlungen fällt das auf, dutzende von Figurinen hinter Glas, bestückt mit hervorragend erhaltener Bekleidung und Ausrüstung. Hier fehlen sämtliche Beschriftungen. Vielleicht kommen sie dereinst noch dazu, was ihren Schauwert enorm steigern würde. Fahrzeuge und große Waffen sind mit einem knapp gehaltenen Datenblatt beschildert, vorerst nur in Französisch; Deutsch und Englisch sollen folgen. Diese Lücke ist sympathisch: es muss nicht bereits bei der Eröffnung alles rundherum vollständig und perfekt sein. Öffentliche Museen haben ganz andere Möglichkeiten, können über Jahre zahlreiche Wissenschaftler mit Konzepten und Ausstellungsdrehbüchern beschäftigen, die dann allen Bildungsaufträgen gerecht werden. Am Ende stehen bei solcherart Befasstheit oftmals kaum noch Exponate in den Ausstellungen. Etliches, was der MMPark zeigt, dämmert bei öffentlichen Häusern dauerhaft unzugänglich in Depots herum, weil es nicht in die zeitgenössischen Vermittlungsziele passt.

Mit einem geführten Rundgang durch das Museum lassen sich dessen Defizite ausgleichen und die Exponate zum Sprechen zu bringen. Damit kann der Normalgast mehr für sich aus dem Besuch ziehen als das bloße Anschauen. Vieles wirkt etwas unbelebt, obwohl die Fahrzeuge Patina haben und Geschichte verströmen. Sie stehen eben meist lediglich für sich neben den anderen. Schau-Bilder wie Dioramen gibt es nur vereinzelt und ansatzweise.

Ein anderer als der herkömmliche Ansatz für ein Museum

Hinter dem Kürzel MM verbirgt sich Military Museum, wie uns Eric Kaufmann erklärt. Mit der Abkürzung hat er die zwei Worte ganz bewusst camoufliert. Heutzutage würden die Begriffe „Museum“ und „Militär“ junge Leute und Familien kaum zu einem Besuch animieren, so erklärt er uns. Das „Park“ im Namen ist daher ganz programmatisch zu verstehen. Dieser Begriff hat hier Priorität. Die Gäste wandeln durch die Gänge wie durch einen Park; statt Bäumen, Sträuchern oder Tieren gibt es antike Kriegsgeräte und historische Bekleidung zu bestaunen. Und weil ein Park zum Verweilen einlädt, zu Bewegung für die einen und Müßiggang für die anderen, hält Kaufmann für seine Gäste ein Refugium bereit, das all dies bietet. In einem separierten und auch separat zugänglichen Bereich finden sich eine Bar, ein Kletterwald ein Luftgewehr-Schießstand und Flugsimulatoren, alles top-modern. Ganze zwei junge Männer kümmern sich hier um die Gäste, kochen Tee und Kaffee, bereiten Hamburger und Fritten zu, betreuen die ganze Technik mit Leichtigkeit. Hierzulande würde das Servicepersonal bei einem ähnlichen Aufgabenspektrum wohl durchdrehen. Kaufmanns Hoffnung ist offenbar, dass Besucher gerne zu ihm kommen, um schlicht ihre Freizeit hier zu verbringen. Weil es das Freizeitverhalten des modernen Menschen ernst nimmt, könnte dieses Konzept aufgehen. Geschichte und Gegenwart werden eher in der Verbindung eine Zukunft haben, als in der auf Status bedachten Abgrenzung ihrer Sphären. An historischen Orten mit militärischem Hintergrund mangelt es dem Elsass und der weiteren Umgebung nicht. Ein weiteres konventionelles Museum zur Militärgeschichte hätte es daher schwer , neben der etablierten Konkurrenz auf Dauer zu bestehen. Da macht es Sinn, mit anderen Ideen aufzuwarten. Ob Eric Kaufmanns Konzept aufgeht, wird die Zukunft erweisen. Zu wünschen ist es ihm, und uns auch.

T.Voigt

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