Die Schwimmer-Manufaktur

Zu Besuch bei der Fahrzeugbau Neumann GmbH in Spremberg

Welcher Geschichtsinteressierte kennt sie nicht, die II. WK Schwimmwagen vom Typ VW 166? Knapp 15.000 davon kamen in den Kriegseinsatz, einige Hundert gibt es heute noch – weltweit verteilt, weil weltweit beliebt. Die kleinen, hochgeländegängigen Krabbler sind ideale Oldtimer; klein, leicht, verbrauchen wenig und haben eine immense Wertsteigerung. Sie sind wohl die eigentlichen Käfer aus der Feder des Konstrukteurs Ferdinand Porsche.

Statt der stromlinienförmigen Kleinlimousine namens Volkswagen gab es im Zweiten Weltkrieg Kübel- und Schwimmwagen für Wehrmacht und Co. Heute gibt es die Überlebenden in den unterschiedlichsten Zuständen, von komplett erhalten bis rostzerfressen-rudimentär. Lässt sich so etwas wieder zum Leben erwecken? Ein guter Freund von uns kann genau das und wir haben mal wieder einen kleinen Blick auf diese beeindruckende Schöpfungsgeschichte geworfen.

 

Neues Leben für hoffnungslose Fälle

Mitunter sind es nur ein paar Technikbrocken, die in Thomas Neumanns Werkstatt im brandenburgischen Spremberg landen. Die liegen dann auf dem Hallenboden und über ihnen schwebt die bange Hoffnung ihrer Besitzer, aus den traurigen Resten werde alsbald wieder ein voll schwimmfähiger Militäroldtimer entstehen. Was vor nicht einmal zehn Jahren bloßer Wunschtraum geblieben wäre, ist heute greifbare Realität. Thomas Neumanns Mitarbeiter bauen VW 166 neu auf. Der größte und ambitionierteste Posten dabei ist die Schwimmkarosse – ein fast betörend virtuos und, wie der kompliziert geformte Körper eines exotischen Insekts, organisch anmutender, aus dutzenden Einzelteilen zusammengefügter Rumpf.

 

Auferstehung ohne Abstriche an der Originalität

Bei der Neuauflage der Schwimmers geht Thomas mit seinen Mitarbeitern den beschwerlichsten, aber damit auch edelsten Weg: nahezu jedes Teil produzieren sie so wie damals. Das heißt, selbst die großflächigen Pressteile wie die Seiten kommen auch heute als ein Teil aus der Presse. Manche Teile zieren Prägungen, Knittern und Falten. Wer auf historische Bilder schaut, der erkennt, das diese Details auch vor über 70 Jahren vorhanden waren – produktionsbedingt. Was die Ingenieure in den 1940er Jahren nicht störte, weil die Funktion des Blechteils gegeben und elegantes Finish nicht gefordert war, das stört heute ebensowenig. Mehr noch darf es als beredter Beleg genau dieser einstigen Einstellung auch heute nicht fehlen. Jeder Schweißpunkt sitzt millimetergenau da, wo er hingehört. Derart akribisches Vorgehen ist enorm aufwendig und, nun ja, auch teuer. Presswerkzeuge mit entsprechender Kapazität stehen nicht an jeder Ecke, mitunter nicht einmal in Deutschland. Thomas Neumann ließ schon in der Schweiz produzieren. Auch für das Versiegeln der kompletten Karosserien fährt er aberhunderte Kilometer weit.

 

Nachfrage und Bestellungen aus der ganzen Welt

In Stapeln liegen die metallisch-blanken, nagelneuen Blech- und Kleinteile in den Regalen der Schwimmer-Manufaktur und verheißen etliche zweite Leben für Schwimmer-Artgenossen. Bestellungen gibt es selbst aus Japan. Manchen VW166-Eignern fehlt nur eine Kleinigkeit, andere ordern fertig komplettierte und lackierte Wannen gleich im Doppelpack. Was viele als völlig unrettbar ansehen würden, dem haucht die Neumannsche Manufaktur ein zweites Leben ein. Wer möchte und kann, dem fertigt die feine kleine Werkstatt das komplette Fahrzeug zusammen. Wie das aussieht, kann Thomas Neumann an dem VW166 zeigen, den er für sich selbst aufgebaut hat. Der Wagen ist seither sein treuer Begleiter auf Touren in Norwegen und in Nordafrika. Und er ist es vor allem dann, wenn Thomas Neumann baden gehen möchte, ohne nasse Füße zu bekommen.
Tobias Voigt